Utrecht

Utrecht
Utrecht
 
[niederländisch 'yːtrɛxt],
 
 1) Provinzhauptstadt in den Niederlanden, im Südosten der Randstad Holland, am Amsterdam-Rhein-Kanal, 232 700 Einwohner; Sitz des altkatholischen und des katholischen Erzbischofs der Niederlande, mehrerer staatlicher Zentralverwaltungen, Gerichte, der Reichsmünze und des Reichsarchivs; Universität (gegründet 1636), Universität für Philosophie (Universiteit voor Humanistiek, gegründet 1989), Konservatorium, Institut für Weltraumforschung, Zentralmuseum Utrecht, Museum für christliche Kunst (Het Catharijneconvent), Nationalmuseum für Spieluhren und Drehorgeln, Phonographisches Museum, Niederländisches Eisenbahnmuseum, paläobotanisches Museum, Theater. Vielseitige Industrie: besonders Nahrungsmittel-, pharmazeutische, elektrotechnische und elektronische Industrie, Maschinenbau, Papierverarbeitungs- (Etiketten), Bau- und Textilunternehmen; zwei Elektrizitätswerke. Utrecht ist ein wichtiger Finanz- und Versicherungsplatz, Messestadt und Mittelpunkt im niederländischen Verkehrsnetz.
 
 
Der Dom im Mittelpunkt der von alten Wallgräben umgebenen Altstadt, ursprünglich eine fünfschiffige gotische Basilika (1254 anstelle eines romanischen Vorläuferbaus begonnen), besteht seit der Zerstörung des Langhauses durch einen Orkan (1674) aus dem 112 m hohen frei stehenden Westturm (1321-82) sowie dem Chor (war 1317 noch nicht vollendet) mit Kapellenkranz und Querschiff; Kreuzgang mit Kapitelsaal (um 1450; heute Universitäts-Aula). Erhaltene ursprünglich romanische Kirchen sind Sint-Pieter (1048 geweiht, Chor und Querschiff im 13. Jahrhundert umgestaltet), Sint-Jan (1040; Chor 16. Jahrhundert, Fassade 1681), Sint-Nicolaas (12. Jahrhundert) mit zweitürmiger Westfassade. Spätgotisch sind Sint-Jacob (14.-15. Jahrhundert), Buurkerk (14.-15. Jahrhundert, auf Vorgängerbau des 13. Jahrhunderts; beherbergt heute das Nationalmuseum für Spieluhren und Drehorgeln) und die Catharijnekerk (um 1470-1551). Viele alte Profanbauten sind erhalten, so Huis Oudaen (um 1300), Huis Zoudenbalch (1467-68) sowie das für den späteren Papst Hadrian VI. 1517 gebaute Paushuize (Papsthaus), Fleischhalle (1637) und zahlreiche stattliche Wohnhäuser, v. a. an den Grachten. Das Rathaus aus drei mittelalterlichen Häusern erhielt 1824-47 eine klassizistische Fassade. Ein Beispiel der De-Stijl-Architektur ist das Haus Schröder von G. Rietveld (1924). 1938-41 errichtete W. M. Dudok das Theater in den Anlagen der alten Befestigung. Mit »Hoog Catharijne«, das mit dem neuen Hauptbahnhof (Centraal Station) verbunden ist, entstand eines der größten überdachten Einkaufszentren Europas; H. Hertzberger schuf das Musikzentrum Vredenburg (1976-78). Grundlage für die Neustrukturierung des Universitäts-Geländes »De Uithof« bildet der 1989 von R. Koolhaas und seinem Architekturbüro OMA vorgelegte Masterplan, der bisher zum Teil verwirklicht wurde: Neubau der Hochschule für Wirtschaft und Management (1995, Architekturbüro Mecanoo), Educatorium (1997, von Koolhaas und OMA).
 
 
Utrecht erwuchs aus dem etwa 47 n. Chr. angelegten römischen Kastell Traiẹctum ad Rhenum und der sich anschließenden Zivilsiedlung. In fränkischer Zeit verwendete Bischof Willibrord deren Überreste beim Bau eines Missionszentrums für die nördlichen Niederlande. Die rasch aufblühende Siedlung, aufgrund der verkehrsgünstigen Lage schnell dem Handel zugewandt, erlitt durch Normanneneinfälle im 9. Jahrhundert Rückschläge, erholte sich aber rasch wieder. 1122 wurde Utrecht unter bischöflicher Hoheit Stadt. Anfang des 14. Jahrhunderts erlangten die Zünfte vom Bischof weitgehenden Einfluss auf die Stadtregierung. Im Achtzigjährigen Krieg stand die Stadt aufseiten der Aufständischen. 1579 schlossen sich in der Union von Utrecht die sieben nördlichen Provinzen der Niederlande als Reaktion auf die Union von Arras zusammen und sagten sich 1581 von Spanien los. Der am 11. 4. 1713 geschlossene Frieden von Utrecht beendete den Spanischen Erbfolgekrieg. In napoleonischer Zeit war Utrecht 1806-10 Residenz König Ludwigs von Holland.
 
 
R. Blijstra: 2 000 jaar U. (Utrecht 1969);
 
Architectuurgids voor U., bearb. v. G. Kemme (Amsterdam 1990).
 
 2) kleinste Provinz der Niederlande, nördlich von Neder-Rijn und Lek, Landfläche 1 356 km2, 1,063 Mio. Einwohner; hat Anteil an der Niederung der Gelderse Vallei, umfasst den teilweise bewaldeten Strauchmoränenzug des Utrechter Hügelrückens (bis 69 m über dem Meeresspiegel), Flussgebiete von Neder-Rijn, Lek, Kromme Rijn und Vecht, alte Fehngebiete um die Loosdrechtse Plassen (Seen) und im Westen (tiefster Punkt 6 m unter dem Meeresspiegel). In der Landwirtschaft sind Milchviehhaltung, Erwerbsgartenbau (Freilandgemüse, Obst) und Blumenzucht, in der Gelderse Vallei auch Geflügelzucht am wichtigsten. Größte Städte und wirtschaftliche Zentren der Provinzen sind Utrecht und Amersfoort, weitere wichtige Industriestandorte Maarssen, Veenendaal und Zeist.
 

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Ut|recht ['u:trɛçt; niederl. 'ytrɛxt]: niederländische Stadt und Provinz.

Universal-Lexikon. 2012.

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